Menschen zweiter Klasse und was das mit dem Bologna Prozess zu tun hat
Die Spreu vom Weizen trennen ist wahrscheinlich eines der wichtigsten Darwinschen Gesetze die es so gibt. Auf meinem langjährigen Bildungsweg habe ich schon viele Kameraden gehen sehen. Menschen die einfach ausgesiebt wurden, auf der Strecke blieben oder wie auch immer man das nennen will.
Schon im Kindergarten fing es an. Da war einer der immer während des Mittagsschlafes seiner Harnblaseninsuffizienz freien Lauf ließ. Er pullerte was das Zeug hält und flog ein paar Monate später aus der Gruppe raus. Er war das Spreu und wir das Weizen, er musste weg und wir konnten bleiben. So läuft das also, dachte ich mir. Wer keine Leistung erbringt der wird ausgesiebt. Ein knallhartes und unbestechliches System.
Dann ging es in der Grundschule weiter. Nach vier Jahren Schule entschied man wieder nach unserer Leistung. Wer in Deutsch und Mathe mindestens eine 2 vorweisen konnte, der konnte auf das Gymnasium. Man muss sich das mal vorstellen. Im Alter von 10 Jahren muss man einen der wichtigsten Grundsteine für sein weiteres Leben legen. Wer es nicht auf das Gymnasium schafft der ist ab sofort ein Mensch zweiter Klasse. Willkommen auf dem Abstellgleis des deutschen Bildungsweges.
Nur noch ein Mitschüler und ich waren noch auf der Überholspur, der Rest ist wieder mal die Spreu und wurde ausgesiebt.
In Deutschland wird also gesiebt was das Zeug hält und das einige unverbrauchte Talente mit durchrutschen nimmt man wahrscheinlich in Kauf.
Doch das tollste Sieb hat man ja jetzt erst eingeführt und man nennt es Bachelor.
In dem neuen Hochschulgesetz gibt es zwei verschiedene Formen von Abschlüssen. Es gibt Master und Bachelor.

Wenn man jetzt also ein Studium anfängt, dann hat man die Möglichkeit einen Bachelorabschluss oder einen Masterabschluss zu machen. Das tolle an der Sache ist aber, dass der Bachelor eigentlich gar kein richtiger Abschluss ist. In den meisten Berufen benötigt man den höherwertigen Masterabschluss, doch dieser ist laut Gesetz nur für 1/3 der Studenten vorgesehen und diese ermittelt man, naja Sie werden es wahrscheinlich schon wissen, durch das berühmte Sieb.
Im Klartext heißt das also, dass die Chance relativ hoch ist einen Abschluss zu bekommen der vollkommen wertlos ist. Welcher Hohlkopf hat sich eigentlich diesen Mist ausgedacht? Ich würde doch niemals ein Studium anfangen wenn ich schon vorher weiß, dass mir das wahrscheinlich nichts bringen wird.

An den meisten Hochschulen hat man das Bachelor Master System schon eingeführt und die ersten Folgen sind schon absehbar. Die Zahl der Studenten die sich in psychologische Behandlung begeben ist sprunghaft angestiegen. Man hat also ein weiteres Abstellgleis erschaffen für Menschen zweiter Klasse.

Man kann nur hoffen, dass dieses kranke System irgendwann mal so viele Menschen kaputt macht, dass es sich selbst zerstört.

Senf abgeben!



Exakt, so.

Offizieller Hintergedanke: Die Studienabschlüsse zu vereinheitlichen und den europäischen Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten.

Realität: Modularisiertes Studium verpackt in einem Zeitrahmen, der es unmöglich macht, die Studiengebühren abzuarbeiten. Dazu die Notenhürde, um überhaupt ins Masterstudium aufgenommen zu werden.

Durch Bologna-Prozess und Einführung von Studiengebühren verkaufen sich die Universitäten und Fachhochschulen als halbprivate Dienstleister. Aber man besuche mal wegen irgendwelchen simplen Angelegenheiten die Studentenkanzleien. Da herrscht amtliche Perfektion, es funktioniert schlicht wenig.

Schön, dass Sie das noch ein wenig konkretisiert haben...:-)

Hätte ich 2 Jahre später mit meinem Studium angefangen, dann säße ich jetzt vor dem Problem. Dann hätte ich nämlich nur diesen schei... Bachelor machen können. Na gut bei uns ist das vielleicht noch nicht ganz so schlimm. Man kann ja trotzdem noch ins Berufleben einsteigen aber man bekommt natürlich weniger Geld als ich mit meinem Diplom.

Der Gedanke war auch der die Zahl der Studienabbrecher (bei uns 60%) zu verringern und einen einfacheren Abschluss zu ermöglichen. Klappt natürlich, denn jetzt hat man keine Studienabbrecher mehr aber lauter Menschen mit sinnlosem Abschluss...

Die Vereinheitlichung kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn man hat ja nur den Namen geändert und sonst nix. Ein Dipl. Ing. ist besonders im Ausland hoch angesehen und nützt einem deutlich mehr...

Einiges stimmt nicht ganz so, Herr Gichtschichtenzähler! Wenn Sie heute ein Studium beginnen, dann können Sie zum Beispiel in der Fakultät Elektrotechnik Ihr Diplom machen. Es ist auch nicht ganz richtig, dass es nur noch Baster und Machelor gibt und geben darf. Gesetzlich ist nur die Modularisierung vorgeschrieben. Offizieller Sinn und Zweck wird natürlich gänzlich verfehlt. Eine Vereinheitlichung gibt es zwar, aber die Vorstellung, dass die Studierenden europaweit jedes Semester wo anders studieren würden ist einfach nur ein Griff ins Klo. Wenn das tatsächlich der Wille der Studentenschaft Europas wäre, dann müsste man noch so einiges modularisieren: Mietverträge, Telefonverträge, DSL-Anschlüsse, Möbel. Es müsste eine Kneipenkompatibilität geben und da das Bafög europaweit für einen Deutschen erstmal (ich weiß, da gibts noch ander Förderprogramme) überall genauso gering ausfällt, sollte man die Europäische Wirtschaft vereinheitlichen. Gleiche Preise für alles überall. Und das Beamen sollte noch realisiert werden. Dann könnte man endlich so richtig modularisiert durch Europa reisen!