Captain Aldi - Der Gegendemonstrant
Wenn du den Leuten kein Vorbild sein kannst, dann musst du eben als schreckliches Beispiel herhalten.

Das war schon immer Captain Aldis Maxime. Na gut eigentlich erst, seitdem er seinen Job und obendrein einen riesigen Haufen Geld verloren hatte. Der Teufel scheißt eben immer auf den größten Haufen. So ist das im Leben.
Das hatte ihm auch sein Bankberater gesagt. Manchmal hat man einfach Pech. So ist das im Leben. Erst hat man 20 Prozent risikofreie Rendite. Dann hat man nur noch 20 Prozent Lebensqualität.

Dafür hat man dann aber nichts mehr, was sich zum Verlieren lohnt. Keine Frau mehr, keine Kinder mehr und alles völlig risikofrei.

Captain Aldi ist völlig frei.

Er kann jetzt Montags 10 Uhr mit einer Hose und einer knappen Alditüte bekleidet durch die Fußgängerzone stolzieren. Sein Begleiter ist ein kleines, borstiges Wildschwein, welches er vor ein paar Wochen sauseelenallein im Wald fand und bei sich aufnahm. Seitdem arbeiten beide daran ihre Körpergerüche gegenläufig anzugleichen und haben nebenbei eine Menge asozialen Spaß. (Wobei „asozial“ in diesem Kontext eindeutig als positive Wertung gedacht ist.)

Doch es kam, wie es kommen musste und dann auch noch an einem schönen sonnigen Samstag.

Es standen mindestens 1000 Leute vor seiner Lieblingsbank und hielten Schilder in die Luft. Sogar Eltern mit Kinderwagen und ihre nach Gerechtigkeit schreienden Kleinkinder.



Ein Bankenprotest!
Captain Aldi rieb sich verwundert die schmutzigen Augen.

Er protestierte schon seit Jahren gegen diese Bank. Am Anfang zündete er immer eine Kerze an, tat so als ob er ein heiliger Priester wäre und betete für die verlorenen Bankerseelen. Dann ging er dazu über Schweineblut an die weiße Fassade der Bank zu werfen und schrie dazu passend: "Blut an Euren Händen! Blut an Euren Außenwänden!". Dann später, als er ein eigenes Schwein besaß, brachte er es nicht mehr übers Herz Schweineblut zu verschwenden und ließ sein Schwein einfach vor das Eingangsportal kacken. Manchmal kackte er auch selbst, wenn das Schwein nicht konnte. Man kennt das ja... Man muss flexibel sein, wenn es ans Protestieren geht.

Doch nun standen da mehrere Menschen.

Captain Aldi schaute sich erst ein wenig unsicher um, wollte sich dann aber doch nicht von seiner Routine abbringen lassen. Er nahm das Schwein in die Luft und kämpfte sich durch die Menge. Dann setzte er das Schwein auf die Eingangstreppe und ließ es sein protestantisches Geschäft verrichten.

Die Menge johlte. Die Masse gierte nach Symbolen und Captain Aldi gab sie ihnen.

Man gab ihm sogar ein Megaphon. Doch die erwartete Rede kam nicht:
„Liebe Leute! Ihr kotzt mich an! An einem so schönen Wetter steht ihr hier im Schatten der Bank und haltet bescheuerte Schilder in die Luft. Ihr verplempert eure Zeit! Die da oben lachen über euch. Freuen sich sogar, dass ihr eure eigenen Demokratiefestspiele organisiert, damit die Politiker dann wieder behaupten können: Jucheee! Wir leben in einer Demokratie! Entscheiden könnt ihr aber trotzdem nix! Schon seit Jahrzehnten gibt es Antiatom Demonstrationen und was hat man erreicht? Nichts! Es musste erst eine Horrorkatastrophe passieren, bis sich was änderte. Und genauso ist es bei den Banken. Erst wenn der Deutsche auf der Straße sitzt, geht er demonstrieren...“, schrie Captain Aldi und dann entnahm man ihm das Megafon wieder.

Er war sauer! Er wollte alleine gegen die Banken protestieren. Er wollte nicht einer von Vielen sein. Dort standen Eltern mit Kindern, Studenten und ein paar verrückte Spinner. Also ganz normale Leute!!
Er wollte nicht dazu gehören. Er wollte nicht etwas, was man ihm wieder nehmen konnte. Und wenn es nur eine kleine Portion Stolz ist.

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