Der Einbrecher, der kein Verbrecher sein wollte
Ich wachte auf, als sich jemand an mich kuschelte. Erst dachte ich ja, es ist meine Freundin und ich kuschelte im Halbschlaf zurück.

Doch es war gar nicht meine Freundin, denn die war ja in einer anderen Stadt. Ganz weit weg:

„Wer sind Sie?“, fragte ich in die Dunkelheit.

„Ich bin ein Einbrecher.“, sagte eine sanfte, männliche Stimme.

„Sie klingen aber gar nicht wie ein Einbrecher. Sie klingen eher wie ein Versicherungsvertreter.“, antwortete ich der Stimme.

„Ich bin ja auch ein Versicherungsvertreter. Und nachts bin ich ein Einbrecher.“, sagte der Einbrecher mit tief nach unten verstellter Stimme.

„Machen Sie sich nicht lächerlich. Jetzt klingen Sie ja noch bescheuerter.“, sagte ich dem Einbrecher.

„Ich weiß. Ich übe ja schon seit Tagen und Sie sind ehrlich gesagt, mein erstes Opfer. Ich habe ihre Hecke mit einem akkuraten Heckenscherensprung überwunden, ihren Wachkater mit einer heißen Pussycat abgelenkt…“

„Diese notgeile Ratte.“, fluchte ich, „Aber erzählen Sie ruhig weiter, Herr Einbrecher.“

„Dann bin ich an ihrer Außenfassade hochgeklettert, auf den Balkon und die Balkontür mit einem Dosenöffner und Bindfaden zur Aufspaltung überredet. Dann habe ich ihre Alarmanlage mit einem Defibrillator erschreckt und bin dann zu ihnen eingestiegen. In ihr Bett. Aber bei der Stimme habe ich wieder mal versagt. Das ist doch zum Kühe melken!!“, fluchte der Einbrecher.

„Vielleicht sollten Sie es mit einem osteuropäischen Akzent versuchen.“, schlug ich vor.

„Das ist eine gute Idee.“, sagte der Einbrecher.

„Gut! Aber ein Problem habe ich noch. Denn eigentlich reden Einbrecher nicht. Die sind eher mucksmäuschenstill und stehlen wertvolle Dinge.“, erklärte ich dem Einbrecher.

„Ne das find ich doof. Ich bin doch kein Dieb, ich bin lediglich ein Einbrecher. Ich breche ein, wie das Wort halt schon sagt. Von Stehlen erzählt das Wort nix. Außerdem wäre ich dann kein Einbrecher, sondern ein Verbrecher.“

„Und warum haben Sie sich dann in mein Bett gelegt und sich an mich gekuschelt? Und warum tun Sie es immer noch??“, fragte ich den Einbrecher und setzte mich auf die Bettkante.

„Wissen Sie, meine Frau war eine Beziehungsentzweibrecherin und hat mich quasi zu einem, einsamen, einfühlsamen Einbrecher gemacht.“, erzählte der Einbrecher.

„Aber wäre ihnen eine Frau nicht viel lieber zum Kuscheln?“, fragte ich den Einbrecher eine durchaus berechtigte Frage.

„Ja da haben Sie recht. Aber eine Frau fängt dann meistens an zu schreien und reagiert nicht so besonnen wie Sie es getan haben. Außerdem würde mich eine Frau wegen sexueller Belästigung anzeigen. Ein Mann würde das nie tun, weil ihm die Sache unendlich peinlich ist.“, erklärte der Einbrecher, so als ob er gerade eine Versicherung verkaufen würde.

„Sie haben Recht! Es fühlt sich wirklich unendlich peinlich an.“

„Sehen Sie! Oh wie ich sehe wird es schon wieder hell draußen. Ich mach mich dann mal auf meine leisen Einbrechersohlen. Hab noch ein bisschen was zu erledigen.“

Der Einbrecher stand auf und verschwand durch die Balkontüre. 10 Minuten später klingelte es an der Haustüre.

Ich öffnete und ein Mann stand lächelnd davor.

„Guten Tag. Mein Name ist Manfred Döselbums und ich möchte ihnen gerne eine Einbruchversicherung verkaufen.“

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